Von Loïc Dorthe / GICJ

Übersetzt von Viktoria Kropp

Der Welttag gegen die Todesstrafe wurde 2003 von einer Vereinigung von Nichtregierungsorganisationen, der World Coalition against the Death Penalty, ins Leben gerufen. Ziel dieses Tages, der auf den 10. Oktober gelegt wurde, ist es, die internationale Gemeinschaft daran zu erinnern, alle Staaten zur Abschaffung der Todesstrafe aufzufordern [1]. Aus diesem Anlass bekräftigt GICJ seine Position gegen diese unmenschliche Praxis und fordert alle Staaten auf, ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten.

Unser eigenes Leben. Das wertvollste individuelle Gut. Dieses Grundrecht, das jedem Menschen bei der Geburt gleichermassen gegeben wird, ist in Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert: "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person" [2]. Daher ist die Tötung eines Menschen eine der schwersten Menschenrechtsverletzungen. Das Verbrechen der Tötung von Menschen wird jedoch nach wie vor von vielerlei Staaten begangen. 

Zwei Drittel der Staaten haben die Todesstrafe in ihrer Gesetzgebung und Praxis abgeschafft. In 55 Ländern ist die Todesstrafe nach wie vor legal, 18 davon wenden sie offiziell und regelmäßig an und töten ihre Verurteilten durch Enthauptung, Stromschlag, Erhängen, tödliche Injektion oder Erschießen [3]. Trotz internationaler Aufrufe, diese Praxis zu verbieten, und trotz internationaler Instrumente, die ihre Abschaffung unterstützen, wie das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, wird diese Praxis immer häufiger angewandt [4]. 

GICJ ist besonders besorgt über nicht gemeldete, illegale und willkürliche Todesurteile, die täglich auf Anweisung der Regierungen in China, Iran und Irak vollstreckt werden. Diese illegalen Hinrichtungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind daher Gegenstand zahlreicher Missbräuche durch Regierungsbeamte, wie der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, warnte, dassGeheime Prozesse ohne ordnungsgemäße Verfahren das Potenzial für Fehler oder Missbrauch erhöhen [5]. Darüber hinaus werden Todesurteile in Ländern, in denen diese Praxis als legal angesehen wird, oft von viel Geheimhaltung begleitet. Obwohl viele Länder diese Praxis aufgeben, haben diejenigen, die sie weiter praktizieren, dennoch das Gefühl, etwas verbergen zu müssen [5].

Die Todesstrafe verstößt gegen andere internationale Menschenrechte, wie das Verbot der Folter in Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: "Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden" [6]. Nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte bedeutet  'Folter' jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, um sie für eine Handlung zu bestrafen, die sie oder ein Dritter begangen hat oder derer sie verdächtigt wird [7]. Da die Hinrichtung solche Schmerzen erfordert, die zum Tod der Person führen, ist die Todesstrafe eindeutig eine Form von Folter, grausamer und unmenschlicher Behandlung.

Schließlich muss die Todesstrafe auch in ihrem sozialen Kontext gesehen werden. Sie wird häufig als Mittel der politischen Unterdrückung eingesetzt, um die Bevölkerung zu bedrohen und die Kontrolle durch eine bestimmte Regierung sicherzustellen. Sie unterliegt einer klaren rassischen und sozioökonomischen Diskriminierung. So sind beispielsweise in den Vereinigten Staaten Menschen afrikanischer Abstammung in den Todeszellen überrepräsentiert, was auf unterschiedliche Gerichtsentscheidungen und die Unfähigkeit von Angeklagten, sich gute und teure Anwälte zu leisten, schließen lässt [8]. Schließlich verhindert die Unumkehrbarkeit der Todesstrafe die Möglichkeit aus, die ungerechtfertigte Verurteilung einer unschuldigen Person rückgängig zu machen.

Geneva International Centre for Justice (GICJ) bekräftigt, dass die Todesstrafe eine der schwersten Menschenrechtsverletzungen ist, und verurteilt diese Praxis aufs Schärfste. Da einige Staaten die Todesstrafe immer noch legal anwenden, erinnern wir diese Staaten an ihre internationale Verpflichtung und fordern sie auf, sie unverzüglich abzuschaffen. Sie ist das Erbe einer vergangenen Ära und hat in der Welt des Völkerrechts und der Achtung der Menschenrechte keinen Platz.

Read in English

                                                                                     

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[1] https://worldcoalition.org/campagne/19th-world-day-against-the-death-penalty/

[2] https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights

[3] https://worldcoalition.org/wp-content/uploads/2021/06/FactsFigures2021_EN_v1.0.pdf

[4] https://www.ohchr.org/sites/default/files/ccpr-death.pdf

[5] https://news.un.org/en/story/2018/10/1022732

[6] https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights

[7] https://www.ohchr.org/sites/default/files/Documents/Publications/FactSheet4rev.1en.pdf

[8] https://deathpenaltyinfo.org/policy-issues/race



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