49 ordentliche Tagung des Menschenrechtsrates

28 Februar bis 1. April 2022

Punkt 3: Interaktiver Dialog über HC mündliche Aktualisierung zu Tigray, Äthiopien (Resolution 47/13)

7 bis 8. März 2022

Von Jamel Nampijja / GIJC

Übersetzt von Elina Siegfried

Überblick

Der gemeinsame Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCR) und der Äthiopischen Menschenrechtskommission (EHRC) befasste sich mit der Menschenrechtslage in der Tigray Region in Äthiopien und den Fortschritten, die im Rahmen der gemeinsam durchgeführten Ermittlungen erzielt wurden. Der Bericht der Hohen Kommissarin umfasste den Zeitraum zwischen dem 22. November 2021 und dem 20. Februar 2022; und konzentrierte sich auf die Menschenrechts- und Sicherheitslage in Äthiopien, welche sich durch die Ausbreitung des Konfliktes in Tigray auf andere Teile Nordäthiopiens erheblich verschlechtert hat. 

Dem Büro des Menschenrechtsrats werden kontinuierlich Berichte über verbreitete Menschenrechtsverletzungen in den Regionen Afar und Amhara sowie in Tigray unterbreitet; darunter Vergewaltigungen und Luftangriffe, die angeblich von der äthiopischen Luftwaffe durchgeführt werden. Solche Verstösse führten zu zahlreichen Tötungen von Zivilisten, Zerstörungen und Beschädigungen von Eigentum, Schulen und Gesundheitseinrichtungen, wobei rund zwei Millionen Menschen von diesem Konflikt betroffen sind. 

Hintergrund

Die internationale Kommission von Menschenrechtsexperten wurde am 17. Dezember 2021, nach der Sondersitzung des Menschenrechtsrats zum Konflikt in der Tigray Region in Äthiopien, eingerichtet. Die internationale Kommission von Menschenrechtsexperten ist für die Tatsachenermittlung, das Sammeln von Beweisen und die Bereitstellung von Informationen zur Unterstützung laufender und künftiger Massnahmen zuständig. Die Expertenkommission stellt Hilfestellungen zur Rechenschaftspflicht, Übergangsjustiz und Versöhnung zur Verfügung. 

Die Kommission besteht aus drei Menschenrechtsexperten, die vom Präsidenten der Menschenrechtskommission ernannt wurden, um systematische und objektive Ermittlungen von Menschenrechtsverletzungen und -missbräuchen durchzuführen, die seit dem 3. November 2020 begangen wurden, als der Konflikt in der Tigray Region im Norden Äthiopiens ausbrach. Unter Anweisung der Regierung führte die Äthiopische Nationale Verteidigungsarmee (ENDF) nach den Regionalwahlen einen Militärangriff in der Region durch. Der Konflikt spitzte sich rapide zu und führte zu einer ethnischen Säuberung der einheimischen Bevölkerung von Tigray und Konflikten in den benachbarten Regionen Afar und Amhara. 

Während der Sondersitzung des Menschenrechtsrats zur ernsten Menschenrechtslage in Äthiopien am 17. Dezember 2021 betonte die stellvertretende Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Nada Al-Nashif, in ihrem Bericht, dass sich der Konflikt in der Tigray Region auf andere Regionen des Landes ausgeweitet habe, mehr Akteure involviert seien und dies schwerwiegende Folgen für die Zivilbevölkerung mit sich bringe. 

In einer gemeinsamen Untersuchung zu Tigray am 3. November 2021 stellte der Menschenrechtsrat fest, dass alle Konfliktparteien, d.h. die äthiopischen Nationalen Verteidigungskräfte, die tigrayanischen Streitkräfte und die eritreischen Verteidigungskräfte, in unterschiedlichem Ausmass gegen die Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht verstossen haben, wobei gewisse Vorfälle möglicherweise als internationale Verbrechen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. Die Volksbefreiungsfront von Tigray und die eritreische Regierung haben den Bericht und die Ergebnisse der gemeinsamen Untersuchung jedoch völlig ignoriert.

In der Folge beruf die äthiopische Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe zusammen mit der äthiopischen Menschenrechtskommission (EHRC) ein, die die Menschenrechtskommission ersuchte, die Pläne der Regierung zur Umsetzung der Empfehlungen des gemeinsamen Berichts zu beraten. Die Task Force definierte die spezifischen Bereiche, in welcher eine grundlegende Unterstützung durch die Vereinten Nationen und die relevanten Akteure erwartet wurde.

Der mündliche Bericht der Hohen Kommissarin

Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Frau Michele Bachelet, legte dem Menschenrechtsrat ein Videoupdate über den aktuellen Konflikt in der Tigray Region vor. Berichten zufolge wurden in der Region Afar während einer Militäroffensive am 24. Januar 2022 zivile Gebiete in Erebti, Abala, Berhale und Megale mit schwerer Artillerie durch die tigrayanischen Streitkräfte angegriffen. Trotz Unsicherheiten bezüglich der exakten Anzahl von Todesopfern, zeigen Krankenhausstatistiken auf, dass rund 844 Personen wegen Wunden behandelt wurden, die meist von Sprengstoffen herrührten; die Gesamtzahl der Todesopfer wurde jedoch nicht ermittelt. Weitere Angriffe wurden in der Region im Dezember 2021 gemeldet, als ein Markt und ein Hotel  in der Stadt Alamata von der ETAF bei einem Luftangriff attackiert wurden, bei dem 120 Menschen getötet und 145 verletzt wurden. Im Januar 2022 wurden bei Luftangriffen, die angeblich von der ETAF durchgeführt wurden, das Flüchtlingslager Mai-Aini und das Lager für Binnenvertriebene in Dedebit getroffen, wobei 60 Menschen getötet und 169 verletzt wurden. 

Das Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte (OHCHR) erlangte glaubhafte Berichte über schwerwiegende Schäden an Schulen und Gesundheitseinrichtungen in den Amhara und Afar Regionen, welche auf Handlungen der Regierung gegen die tigrayanischen Streitkräfte zurückzuführen sind. Gemäss Einschätzung der regionalen Behörden waren über zwei Millionen Schüler von der totalen oder teilweisen Zerstörung der Schulen betroffen. Gesundheitseinrichtungen in Amhara und Afar wurden ebenso beschädigt und ausgebeutet. Das äthiopische Gesundheitsministerium berichtete, dass mindestens 36 Krankenhäuser und 2100 andere Gesundheitseinrichtungen von den tigrayanischen Streitkräften ganz oder teilweise zerstört und geplündert wurden. 

Im Zeitraum des Berichts wurden über 306 Vorfälle von Vergewaltigung verzeichnet, die zwischen dem 1. November und dem 5. Dezember 2021 von tigrayanischen Streitkräften in der Amhara Region verübt wurden. Das OHCHR berichtete, dass es sich bei der Mehrheit der Opfer um Frauen handelte, mit einem kleinen Prozentsatz von Männern, die Vergewaltigungsfälle dokumentierten. Die meisten Überlebenden erhielten jedoch keinerlei Unterstützung nach den Vorfällen. Die Hohe Kommissarin statuierte, dass die Bereitstellung von humanitären Mitteln aufgrund des anhaltenden Konfliktes in der Tigray Region stark eingeschränkt worden ist. Seit der Sperrung der Strasse von Semera nach Abala und Mekelle am 15. Dezember 2021 wurde der Zugang zur Region blockiert. Die Hohe Kommissarin forderte die Konfliktparteien, einschliesslich der regionalen Sicherheitskräften, auf, den Zugang zu den betroffenen Gebieten für humanitäre Organisationen zu erleichtern. 

Die Hohe Kommissarin unterstrich, dass die Priorität  des Task-Force-Ausschusses darauf liegen sollte,  Ermittlungen und Strafverfolgung voranzutreiben, um die Bemühungen der Regierung zu erfüllen, die Rechte der Opfer zu schützen und die Täter für Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Frau Bachelet forderte die äthiopische Regierung dringend auf, in diesen Belangen mit der internationalen Kommission der Menschenrechtsexperten des Rates zu kooperieren, um die Umsetzung der Empfehlungen des gemeinsamen Berichts voranzutreiben. Sie drängte die äthiopische Regierung zudem, Informationen über die Fortschritte und Ergebnisse des Ermittlungsteams auf transparente Weise bereitzustellen.

Die äthiopische Delegierte veranschaulichte in ihrem Bericht die Bemühungen, die die äthiopische Regierung unternommen hatte, um den Konflikt zu bewältigen. Sie betonte, dass die Regierung sich bemühte, glaubwürdige Ermittlungsstellen zur Untersuchung mutmasslicher Menschenrechtsverletzungen durch die Einsetzung einer intermediären Task Force zur Umsetzung der Empfehlungen des gemeinsamen Untersuchungsberichts einzurichten. Die Task Force wurde in vier Arbeitsgruppen aufgeteilt, wobei jeder Ausschuss von dem zuständigen Ressortminister geleitet wird, um eine umfassende Rechenschaftspflicht zu gewährleisten. Die Delegierte unterstrich, dass die Regierung Äthiopiens darin bestrebt ist, zur völligen Normalität zurückzukehren und ihr Engagement in der internationalen Gemeinschaft fortzusetzen, sowie dem Land einen soliden Weg zur Demokratie zu ermöglichen. Die Repräsentantin betonte ausserdem, dass trotz der im Land erreichten Fortschritte, Besorgnis bestehe über die uneinheitlichen Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf die Gräueltaten der tigrayanischen Streitkräfte in den Regionen Afar und Amhara, die ihren Zerstörungsfeldzug fortsetzten, und es verunmöglichten, der Bevölkerung von Tigray humanitäre Hilfe zu gewähren. Die Delegierte schloss ihre Erklärung mit einem Aufruf an die internationale Gemeinschaft, ihre nationalen Mechanismen zu unterstützen.

Interaktiver Dialog über den mündlichen Bericht der Hochkommissarin

Die Europäische Union äusserte Besorgnis über die verbreiteten Menschenrechtsverletzungen und Verstösse gegen das internationale humanitäre Völkerrecht., welche von allen Konfliktparteien begangen wurden und als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. Die Gräueltaten beinhalten unter anderem willkürliche Verhaftung, Folter, gewaltsames Verschwindenlassen, sexuelle und geschlechtsorientierte Gewalt und Verweigerung humanitärer Hilfe. 

Die EU erkannte die erreichten Schritte an, die die äthiopische Regierung unternommen hat, um den Konflikt zu lösen, insbesondere die Einsetzung einer interministeriellen Task-Force, die Einrichtung der nationalen Dialogkommission und die Freilassung politischer Gefangener. Die EU bekräftigte ihre Unterstützung, mit der äthiopischen Regierung und anderen Konfliktparteien wie der Afrikanischen Union und der UNO bei den laufenden Vermittlungsversuchen zusammenzuarbeiten. Die Delegierte forderte die Parteien auf, alle möglichen Bemühungen zu unternehmen, um eine politische Lösung und einen wirksamen Waffenstillstand herbeizuführen und sofortigen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Botschafterin Lotte Knudsen, die den Bericht erstattete, schloss ihre Rede mit der Frage, wie die Täter zur Rechenschaft gezogen werden können und wie die Entschädigung der Opfer sichergestellt werden kann. 

Die afrikanische Gruppe wurde vom Botschafter der Elfenbeinküste repräsentiert, der die Ergebnisse der gemeinsamen Untersuchung der Hohen Kommissarin und der äthiopischen Menschenrechtskommission begrüsste. Die Gruppe lobte die Massnahmen, die die äthiopische Regierung ergriffen hat, um die Ermittlungen zu begünstigen, die Empfehlungen des gemeinsamen Berichts umzusetzen und so die interministerielle Task Force zu implementieren sowie die Verantwortlichkeit sicherzustellen. Die Gruppe drückte ausserdem ihre Besorgnis über die Massentötungen von Zivilisten und anderen Gräueltaten in den Afar und Amhara Regionen aus. Sie betonte, wie wichtig die Durchführung einer umfassenden Untersuchung der schwerwiegenden Vorwürfe von Verstössen gegen die internationalen Menschenrechtsnormen, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht durch alle Konfliktparteien nach dem 28. Juni 2021 sei. Der Botschafter unterstrich überdies die Notwendigkeit, dass die Experten der neu ernannten internationalen Kommission bei der Entwicklung ihrer Arbeitsmethoden und ihres Arbeitsumfangs die Anliegen des betreffenden Landes in Betracht ziehen müssen. Die afrikanische Gruppe ermutigte den neu ernannten Experten, neue Möglichkeiten der Kooperation mit zuständigen nationalen und regionalen Menschenrechtsinstitutionen zu eruieren, im Einklang mit den Resolutionen der Generalversammlung und des Rates der Vereinten Nationen.

In Vertretung der Baltischen Staaten lobte der Delegierte Islands die äthiopische Regierung für ihre unternommenen nationalen Bemühungen und positiven Schritte, zur Lösung des Konflikts. Der Delegierte äusserte Bedenken über die Menschenrechtsverletzungen und Missbräuche, die sich in den Regionen Tigray, Afar und Amhara Regionen abspielen. 

Der Vertreter forderte alle Konfliktparteien auf, die Feindseligkeiten einzustellen und Verhandlungen einzuleiten, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte in ihrem vollen Umfang gewahrt werden und die Sicherheit der Zivilbevölkerung und der humanitären Helfer garantiert ist. Er  appellierte an die involvierten Parteien, das humanitäre Völkerrecht zu befolgen und allen Menschen in Not absolute Sicherheit und ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe zu verschaffen. Der Repräsentant verlangte eine gründliche Untersuchung der während des Konflikts begangenen Verbrechen und die Sicherstellung, dass die Täter, einschliesslich der nicht-äthiopischen Akteure, zur Rechenschaft gezogen werden. Er wandte sich an die äthiopische Regierung, seine Zusammenarbeit mit den Mechanismen des Menschenrechtsrats zu intensivieren, indem sie den Experten der Internationalen Menschenrechtskommission uneingeschränkten Zugang zum Land ermöglicht. Der Vertreter warf abschliessend die Frage auf, wie am besten sichergestellt werden kann, dass die Arbeit der Experten der Internationalen Menschenrechtskommission in Äthiopien die Ergebnisse der gemeinsamen Ermittlungsgruppe ergänzen wird.

Der Vertreter für China statuierte, dass das Land die Entwicklungen der Situation in Äthiopien genau mitverfolge und hoffe, dass die äthiopische Bevölkerung Frieden, Stabilität und Wohlstand erreichen und geniessen könne. China versicherte seine Unterstützung aller involvierten Parteien in Äthiopien, um deren Streitigkeiten mittels Dialog und Verhandlungen zu überwinden, um dauerhaft Frieden und Versöhnung zu schaffen. China kritisierte die Arbeitsweise des Menschenrechtsrats, welche es als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des betreffenden Landes bezeichnete. Der chinesische Vertreter äusserte, dass der Menschenrechtsrat die Grundsätze der Unparteilichkeit, Objektivität, Nichtpolitisierung und Selektivität hätte befolgen müssen. China glaube daran, dass die Bevölkerung Äthiopiens die Weisheit und Fähigkeit besitze, deren interne Angelegenheiten genügend zu regeln und versprach, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft weiterhin eine konstruktive Rolle bei den Bemühungen Äthiopiens um Frieden und Stabilität zu spielen. In seinen schlussfolgernden Erläuterungen machte der Repräsentant auf das Konzept Chinas einer friedlichen Entwicklung des afrikanischen Horns aufmerksam, welches in Äthiopien und anderen Ländern Nordostafrikas offenbar positive Reaktionen mit sich brachte. 

Kuba rief den Menschenrechtsrat und andere Menschenrechtsmechanismen auf, der Politisierung, Selektivität und Doppelstandarten hinsichtlich der Menschenrechte ein Ende zu setzen. Die Vertreterin betonte Kubas Abneigung gegenüber der durchgeführten Aktivitäten im Menschenrechtsrat, welche von den Industrienationen aufgezwungen werden, ohne die Zustimmung der betroffenen Länder. Die Sprecherin unterstrich, dass der Menschenrechtsrat Diskurs, Kooperation und Austausch unter den Nationen, basierend auf den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen, vorantreiben soll. Die Repräsentantin betonte ferner, dass der Menschenrechtsrat die nationalen Bemühungen, die technische Zusammenarbeit und die Initiativen, auch auf regionaler Ebene, respektieren und unterstützen muss, wenn das betreffende Land zustimmt und versucht, die Situation zu verbessern.

Der Repräsentant Russlands bestätigte die komplizierte Situation in Äthiopien. Obwohl es bereits einige Fortschritte zu verzeichnen gibt, akkreditierte er die Notwendigkeit eines politischen Dialogs, um die Lage des Landes weiterhin zu optimieren. Der Vertreter bekundete Russlands Überzeugung, dass die Einbindung aller politischen Akteure in die Situation ein Ende der militärischen Konfrontation bewirken könne und damit einen Anstoss für eine politische Lösung bewirken werde. Er äusserte den verfolgten konstruktiven Standpunkt, um dem Konflikt ein Ende zu setzen und durch die kontinuierliche Arbeit der äthiopischen Behörden gemeinsam mit dem Menschenrechtsrat, Gerechtigkeit für die Opfer zu erlangen. Er wies ferner auf die Rolle der äthiopischen Menschenrechtskommission hin, die ihre Unparteilichkeit manifestierte. Der Vertreter erinnerte den Menschenrechtsrat an Russlands konsequente Ablehnung einseitiger Lösungen für Äthiopien und Versuchen, die Situation zu politisieren. Er unterstrich ausserdem Russlands Unterstützung aller Bemühungen, die durch die Afrikanische Union unternommen wurden, um der Lage in Äthiopien Abhilfe zu schaffen, inklusive des Hohen Vertreters und des Präsidenten der Kommission der Afrikanischen Union.

Die Repräsentantin für UNICEF begrüsste die mündliche Stellungnahme und bekundete, dass UNICEF die Fortschritte würdige, die die äthiopische Regierung in den letzten zehn Jahren im Rahmen der Kinderrechte in den Bereichen Immunisierung, Gesundheit und Ernährung erreicht hat. Sie akzentuierte, dass der Konflikt trotz solcher Fortschritte in einem mangelnden Zugang für humanitäre Hilfe resultierte und der Zugang zu lebenswichtigen Gesundheitsgütern und Lebensmitteln begrenzt ist. Im 2021 wurden alleine über 290 Verstösse gegen Kindeswohl, insbesondere sexuelle und geschlechterspezifische Gewalt registriert. Die systematischen und ausgebreiteten Handlungen sexueller Gewalt geben Anlass zu grosser Besorgnis über die langfristigen Folgen auf die psychische Gesundheit der Überlebenden. Die Vertreterin führte aus, dass Schulen und Gesundheitseinrichtungen in dicht besiedelten Gebieten in den Regionen Amhara, Afar und Tigray attackiert wurden, in denen die Zahl der von ihren Eltern getrennten und unbegleiteten Kinder stark angestiegen ist. Laut Statistiken kann eines von sechs Kindern in diesen Regionen keine Schule besuchen.

Die Repräsentantin forderte alle Konfliktparteien auf, die Regeln des humanitären Völkerrechts zu respektieren, einer Deeskalation der Feindseligkeiten zuzustimmen und einen dauerhaften humanitären Kanal zu schaffen. Sie rief ferner die Parteien dazu auf, alle schwerwiegenden Verstösse gegen Kinder einzustellen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Die Sprecherin beantragte, die Stimmen der Kinder und der Frauen in den Wiederherstellungs-, Rehabilitierungs- und Versöhnungsprozess einzubeziehen. Sie verkündete abschliessend, dass UNICEF bereit sei, alle Anstrengungen um Frieden und Gerechtigkeit zu begleiten. 

Verschiedene Delegationen, internationale Organisationen und NGOs gaben ihre Stellungnahmen ab. Die Sprecher begrüssten die Fortschritte des gemeinsamen Berichts und die positiven Schritte, die vom Menschenrechtsrat und der äthiopischen Menschenrechtskommission unternommen wurden. Die Vertreter äusserten ihre Besorgnis bezüglich der Menschenrechtsverletzungen und ersuchten die involvierten Parteien, die internationalen Menschenrechtsnormen zu befolgen. 

Abschliessende Erläuterungen

In ihren abschliessenden Anmerkungen ging die stellvertretende Hohe Kommissarin, Nada Al-Nashif, auf die Fragen der Delegierten und Redner während des interaktiven Diskurses ein. In Bezug auf die Frage der Rechenschaftspflicht und der Wiedergutmachung für Opfer erklärte die Hohe Kommissarin, dass konkrete Massnahmen ergriffen werden müssen, um sowohl den mutmasslichen Tätern eine Botschaft zu vermitteln als auch den Opfern und Überlebenden Unterstützung anzubieten. Sie forderte die äthiopische Regierung dringend auf, Untersuchungen gegen Täter zu priorisieren und sicherzustellen, dass die Opfer Gerechtigkeit für die gegen sie verübten Verbrechen erlangen. Nada Al-Nashif teilte ausserdem mit, dass der beratende Ausschuss für Haushaltsfragen bedauerlicherweise eine Kürzung des Budgets um einen Dritte empfohlen habe, was die Kapazitäten und Möglichkeiten stark einschränken werde und darauf hindeute, dass die Kapazitäten der zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht zusätzlich verstärkt werden müssen. Eine finanzielle Unterstützung ist erforderlich und unabdinglich, um langfristige Arbeit zu leisten und zu erhalten. 

Position des Geneva International Centre for Justice (GICJ)

Geneva International Centre for Justice (GICJ) ist über die Menschenrechtslage in der Tigray Region und den benachbarten Regionen höchst besorgt. GICJ lobt die Regierung Äthiopiens für ihre erlangten Fortschritte bezüglich der Verantwortlichkeit und Transparenz als wichtigen Schritt zur Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Tigray Region. Wir fordern die Regierung Äthiopiens auf, den ungehinderten Zugang zu den internationalen, nationalen und regionalen Akteuren sicherzustellen, damit diese ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können als Teil ihrer Bemühungen um Rechenschaftspflicht, nebst der Umsetzung der Empfehlungen des gemeinsamen Untersuchungsberichts. 

GICJ ruft alle involvierten Parteien dazu auf, jegliche Formen von Feindseligkeiten zu beenden und Dialog und friedliche Verhandlungen zu ermöglichen, um einen nachhaltigen und ewigen Frieden in Äthiopien zu finden. GICJ insistiert ausserdem, weitere Untersuchungen zu den begangenen Verbrechen während der Dauer des Konflikts aufzunehmen, um die Täter für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung zu ziehen. 

Geneva International Centre for Justice (GICJ) und die International Organization for the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (EAFORD) gaben während des interaktiven Dialogs über den mündlichen Bericht der Hohen Kommissarin für Menschenrechte über die aktuellen Lage in Tigray eine Stellungnahme über die Menschenrechtslage in Äthiopien vor dem UN-Menschenrechtsrat ab.


Read in English

Ethiopia, Tigray, Human Rights Violations, Conflict in Tigray, Africa Union, Horn Of Africa, Law, International, UN, International Relations, Interactive Dialogue, Human Rights Council, 49th HRC, Justice, Human rights, Geneva, geneva4justice, GICJ, Geneva International Centre For Justice

GICJ Newsletter

Register a violation with GICJ