Von Aimara Pujadas / GICJ

Die Ereignisse vom 24. Dezember 2021 in Myanmar lösten einen neuen Gang zur Debatte und Aufmerksamkeit für die Situation von Kindern in bewaffneten Konflikten aus. Das Unglück kostete fünfunddreißig Menschen, darunter vier Kinder und zwei Mitarbeiter von "Save the Children" das Leben.

Die Vorfälle gaben internationalen Organisationen Anlass, ihre Bemühungen zu verstärken, und zu vermeiden, dass die Rechte und das Wohlergehen von Kindern nicht vernachlässigt werden. Dazu gehört nicht nur der Schutz (der Kinder) vor Tod oder Verstümmelung, sondern auch vor Zwangsrekrutierung, unrechtmäßiger Inhaftierung, sexueller Gewalt, Entführung, Angriffen auf Krankenhäuser und Schulen (geschützte Orte, an denen sich in der Regel viele Kinder aufhalten) sowie der Verweigerung humanitärer Hilfe. "Kinder leiden, und Kinder sterben aufgrund dieser Rücksichtslosigkeit. Es sollte alles getan werden, um diese Kinder vor Schaden zu bewahren", sagte Henrietta Fore, UNICEF-Exekutivdirektorin, als sie auf die verheerenden Auswirkungen von Konflikten und die hohe Gefährdung von Kindern in diesen Kontexten hinwies. 

Wie schützt das Völkerrecht Kinder in bewaffneten Konflikten?

Das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes, (CRC) von 1989 ist das erste rechtkräftige internationale Instrument, das die gesamte Bandbreite der Menschenrechte umfasst. Darunter fallen bürgerliche, kulturelle, wirtschaftliche, politische und soziale Rechte, die verwirklicht werden müssen, damit Kinder ihr volles Potenzial entfalten können. Mit 196 Ratifizierungen ist der CRC, der am weitesten verbreitete Menschenrechtsvertrag, wobei die Vereinigten Staaten der einzige Staat sind, dessen Ratifizierung noch aussteht.

Die Kinderrechtskonvention beruht auf vier von ihnen festgelegten Kernstücken, nämlich dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung, dem Wohl des Kindes, dem Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung sowie der Berücksichtigung der Meinung des Kindes bei Entscheidungen, die es persönlich betreffen (seinem Alter und Reife entsprechend). Darüber hinaus hat die UN-Generalversammlung im Jahr 2000 das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten angenommen, um Kinder vor der Rekrutierung und dem Einsatz in Feindseligkeiten zu schützen. Dieses Dokument beinhaltet die Verpflichtung, dass Kinder unter 18 Jahren nicht rekrutiert werden dürfen, um auf das Schlachtfeld geschickt oder als Soldaten angeworben zu werden.

Des Weiteren wird festgehalten, dass die Staaten alle möglichen Maßnahmen ergreifen sollen, um eine solche Rekrutierung zu verhindern, einschließlich Rechtsvorschriften zu erlassen, die die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren und ihre Beteiligung an Kampfhandlungen verbieten und unter Strafe stellen. Darüber hinaus wird auf die Demobilisierung von Personen unter 18 Jahren, die zu Kampfhandlungen einbezogen oder eingesetzt werden, sowie auf die Bereitstellung von physischen und psychologischen Genesungsdiensten und Unterstützung zur Erleichterung ihrer sozialen Wiedereingliederung hingewiesen.

Der Schutz und das Wohlergehen von Kindern in Konfliktzeiten hat einen wichtigen Platz auf der politischen Agenda der internationalen Gemeinschaft eingenommen. Die Genfer Konventionen (1949) und die beiden Zusatzprotokolle (1977), das Übereinkommen 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (1999), das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (2002) und eine Reihe von Resolutionen des Sicherheitsrats, die vor allem ab 1999 verabschiedet wurden, bilden den normativen Rahmen für den Schutz von Kindern.

Vor allem internationale Gerichtshöfe wie der oben erwähnte Internationale Strafgerichtshof, die Ad-hoc-Tribunale für Jugoslawien und Ruanda sowie der Sondergerichtshof für Sierra Leone haben den Rechten der Kinder weltweit mit einem enormen juristischen und justiziellen Beitrag ein größeres Gewicht verliehen. Eine wichtige gerichtliche Bestätigung erfolgte beispielsweise im Jahr 2004, als der Sondergerichtshof für Sierra Leone (SCSL) im Fall Hinga Norman entschied, dass die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten nach dem Völkergewohnheitsrecht ein Kriegsverbrechen darstellt.

Der UNO-Sicherheitsrat und die Generalversammlung haben die gezielte Tötung von Kindern, Zivilisten und geschützten Personen im Allgemeinen in Resolutionen unmissverständlich verurteilt. Im Jahr 2009 fügte der Sicherheitsrat mit der Resolution 1882 Muster der Tötung oder Verstümmelung von Kindern unter Verstoß gegen geltendes Völkerrecht als zusätzlichen Auslöser für die Aufnahme von Konfliktparteien in den Jahresbericht des Generalsekretärs über Kinder und bewaffnete Konflikte hinzu. 

Die unerträgliche Realität für Kinder in bewaffneten Konflikten

Trotz des konsolidierten Völkerrechts zu den Rechten von Kindern in bewaffneten Konflikten werden diese weiterhin systematisch verletzt. Kinder werden an Orten getötet und verstümmelt, an denen sie sich in Sicherheit wähnen, wie z. B. in ihren Häusern, Schulen und Krankenhäusern. Das humanitäre Völkerrecht wird dabei offensichtlich missachtet. Schulen werden angegriffen oder in militärische Stützpunkte umgewandelt und damit zum Ziel von Anschlägen. Hinzu kommt, dass die Versorgung der Kinder mit Nahrungsmitteln und Medikamenten blockiert wird, was in vielen Fällen zum Tod durch vermeidbaren Hunger und Krankheiten führt.

Kinder werden weiterhin rekrutiert, zwangshaft oder nicht, um Streitkräften und anderen Gruppen beizutreten. Einige werden entführt und zur Unterwerfung geprügelt, andere schließen sich militärischen Gruppen an, um der Armut zu entkommen, um ihre Gemeinschaften zu verteidigen oder sogar aus Rache.

Der Mangel an Möglichkeiten, den täglichen Lebensunterhalt zu sichern und ein angemessenes Leben jenseits von bewaffneten Konflikten zu führen, macht den Beitritt zum Militär für viele Kinder in Konfliktgebieten, die sich nach einem Gefühl der Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Gruppe sehnen, zu einer sehr attraktiven Option.

Als Teil bewaffneter Gruppen können Kinder direkt am Kampf teilnehmen. Jedoch beschränkt sich ihre Rolle nicht nur auf den Kampf, sondern oft auch auf andere unterstützende Aufgaben, die ebenfalls mit großen Risiken und Hindernissen verbunden sind: Sie spionieren, sind Boten, Sexsklaven, Selbstmordattentäter und vieles mehr. 

Mädchen, die von bewaffneten Kräften und Gruppen rekrutiert und eingesetzt werden, sind aufgrund ihres Geschlechts besonders verletzlich und müssen daher mit sehr spezifischen Folgen rechnen, darunter Vergewaltigung und sexuelle Gewalt, Schwangerschaft und schwangerschaftsbedingte Komplikationen, Stigmatisierung und Ablehnung durch Familien und Gemeinschaften.

Nach Angaben von UNICEF, zeigtendie drei ersten Monate des Jahres 2021 einen alarmierenden Anstieg vonverifizierten Fällen von Entführung und sexueller Gewalt auf.

Diese stiegen weiter drastisch an - jeweils um mehr als 50 und 10 Prozent. Die am stärksten betroffenen Länder waren: Somalia, gefolgt von der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und den Ländern des Tschadseebeckens (Tschad, Nigeria, Kamerun und Niger). 

Afghanistan weist mit mehr als 28.500 Vorfällen die höchste Zahl verifizierter Kinderopfer seit 2005 auf, was 27 Prozent aller verifizierten Kinderopfer weltweit entspricht. Im vergangenen Oktober wies UNICEF darauf hin, dass im Jemen seit der Eskalation der Kämpfe im März 2015 10.000 Kinder getötet oder verstümmelt wurden - das entspricht vier Kindern pro Tag.

Die internationalen Menschenrechtsdokumente betonen die überragende Bedeutung des "Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit einer Person". Die Staaten tragen die Verantwortung dafür, dass diese Rechte tatsächlich geachtet, geschützt und erfüllt werden. Wie bereits erwähnt, erkennt die KRK an, "dass jedes Kind ein angeborenes Recht auf Leben hat", und die Vertragsstaaten müssen "in größtmöglichem Umfang das Überleben und die Entwicklung des Kindes" gewährleisten. 

Positionierung des Geneva International Centre for Justice

Unabhängig von Konflikten sollten die Sicherheit und das Wohlergehen von Kindern bedingungslos garantiert werden. Jeder, der ihr unschuldiges Leben in Gefahr bringt, sollte strafrechtliche Konsequenzen ziehen.  Die staatlichen Institutionen müssen mit den internationalen humanitären Einrichtungen zusammenarbeiten, um die Zahl der Verletzungen der Kinderrechte im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten zu verringern. Staaten, die in Konflikte verwickelt sind, müssen sicherstellen, dass die Rechte eines Kindes, das in einen Konflikt oder eine Krise verwickelt ist, speziell und individuell bewertet werden, im Gegensatz zu den allgemeinen Rechten, die allen Kindern zustehen.

Was die humanitäre Hilfe anbelangt, so hält das Geneva International Centre for Justice (GICJ) deren absichtliche Vorenthaltung für rechtswidrig, da sie gegen die Verpflichtung verstößt, Kinder zu versorgen und ihnen zu helfen, und darüber hinaus ihr Leben und ihre Überlebenschancen gefährdet. Alle Beteiligten müssen mehr tun und ihr Bewusstsein schärfen, um das Leben tausender Kinder zu schützen, die heute am Rande psychischer Schäden, physischer Traumata und sogar des vermeidbaren Todes stehen.



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